Die Unbewusstheit ist Bedingung der "indirekten Steuerung": Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Eine Anweisung wendet sich an das Bewusstsein der Beschäftigten. Der Vorgesetzte oder die Vorgesetzte formuliert sprachlich, was die Unternehmensleitung von der Beschäftigten oder dem Beschäftigten will. Das Verständnis dessen, was Inhalt der Anweisung ist, gehört zu der mechanistischen Form der Organisation der Arbeit. Nur was verstanden ist, kann in dieser Form der Organisation auch ausgeführt werden. Die Bedingung der Organisation der Arbeit ist daher die Bewusstheit dessen, was zu tun ist. |
− | Bei der Organisation, die das Unternehmen nach dem Bild des Organismus auffasst, ist das ganz anders. Die Unternehmensleitung wendet sich nicht mit Anweisungen an die Beschäftigten und sagt ihnen, was sie zu tun haben. Im Gegenteil können und sollen die Beschäftigten tun, was sie selbst - unter den gegebenen Bedingungen - für das Richtige halten, oder anders formuliert, was sie - unter den gegebenen Bedingungen - selbst wollen. Die Unternehmensleitung sagt nicht, was zu tun ist, sondern verändert die Bedingungen so, dass bei dem Tun der Beschäftigten "wie von selbst" herauskommt, was die Unternehmensleitung will. Das setzt voraus, dass die Beschäftigten diesen Zusammenhang nicht durchschauen. Es funktioniert überhaupt nur, wenn die Beschäftigten - jedenfalls in ihrer Mehrheit - nicht durchschauen, was mit ihnen passiert. |
+ | Bei der Organisation, die das Unternehmen nach dem Bild des Organismus auffasst, ist das ganz anders. Die Unternehmensleitung wendet sich nicht mit Anweisungen an die Beschäftigten und sagt ihnen, was sie zu tun haben. Im Gegenteil können und sollen die Beschäftigten tun, was sie selbst - unter den gegebenen Bedingungen - für das Richtige halten, oder anders formuliert, was sie - unter den gegebenen Bedingungen - selbst wollen. Die Unternehmensleitung sagt nicht, was zu tun ist, sondern verändert die Bedingungen so, dass bei dem Tun der Beschäftigten "wie von selbst" herauskommt, was die Unternehmensleitung will. Das setzt voraus, dass die Beschäftigten diesen Zusammenhang nicht durchschauen. Es funktioniert überhaupt nur, wenn die Beschäftigten - jedenfalls in ihrer Mehrheit - nicht durchschauen, was da mit ihnen passiert. |
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+ | (Es gibt auch eine zweite Weise, dieses Ziel zu erreichen, das mitunter Verwirrung stiftet: Gibt die Unternehmensleitung Anweisungen, die in der gesetzten Arbeitszeit nicht zu erfüllen ist - und das geschieht immer häufiger - so erfüllt das eben denselben Zweck. Die Beschäftigten müssen selbst entscheiden, was sie zu tun für richtig halten; denn sie können nicht alles tun, was angewiesen wird. Dann geht es nun noch um die Modifikation der Bedingungen, unter denen die Beschäftigten diese Entscheidungen treffen, welche der Anweisungen sie umsetzen. Und wieder funktioniert die "indirekte Steuerung", diesmal aber mit einer großen Zahl von Anweisungen. Es reicht daher nicht aus, auf Anweisungen zu verweisen, wenn man der Behauptung widersprechen will, dass die "indirekte Steuerung" sich ausbreitet. Denn dieses Argument trifft nur dann zu, wenn die Unternehmensleitung auch die Verantwortung dafür übernimmt, dass die Anweisung in der gegebenen Zeit erfüllt werden kann. Das ist - um sich vorsichtig auszudrücken - selten geworden.) |
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⚫ | Daher werden viele Beschäftigte mit Anforderungen konfrontiert, die ihnen unklar und |
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⚫ | Die Bedingungen werden immer mal wieder einer Veränderung unterzogen. Die ständige "Restrukturierung" gehört zum Geschäft der "indirekten Steuerung". Solche Veränderungen der Bedingungen der Kooperation sollen die Wirkungen haben, die Beschäftigten dazu zu bringen, dass sie "wie von selbst" wollen, was die Unternehmensleitung will. Natürlich gibt es ergänzende Druckfaktoren von der Drohung mit der Reduktion der Investitionen bis zur Drohung mit Entlassung. Aber diese Drohungen sind eigentlich unproduktiv. Gewinnbringend ist es, wenn die Beschäftigten "wie von selbst" tun, was die Unternehmensleitung will, und das ohne zu wissen, wie und warum. Die Unbewusstheit der Anforderungen an die Beschäftigten, die sie gleichwohl dazu bringt, zu tun, was gewünscht ist, ist die Funktionsweise der neuen Form der Organisation der Arbeit. |
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⚫ | Daher werden viele Beschäftigte mit Anforderungen konfrontiert, die unbewusst, ihnen unklar und unbestimmt bleiben, und über die sie oft gar nicht erst nicht informiert werden, sondern die sie selbst erfassen müssen, um sie bewusst machen zu können. Die Unbewusstheit des Reagierens schließt die Richtigkeit und Angemessenheit der Reaktion nicht aus. Aber sie schließt aus, dass die Beschäftigte und der Beschäftigte wissen, was sie tun und warum sie es tun. Diese Unbewusstheit ist die Hauptbedrohung, die zu Stress und Burnout führt. |
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[[Die Auswirkung der Unbewusstheit auf die Beschäftigten]] |
[[Die Auswirkung der Unbewusstheit auf die Beschäftigten]] |
Aktuelle Version vom 7. März 2013, 12:04 Uhr
Die Unbewusstheit ist Bedingung der "indirekten Steuerung"
Eine Anweisung wendet sich an das Bewusstsein der Beschäftigten. Der Vorgesetzte oder die Vorgesetzte formuliert sprachlich, was die Unternehmensleitung von der Beschäftigten oder dem Beschäftigten will. Das Verständnis dessen, was Inhalt der Anweisung ist, gehört zu der mechanistischen Form der Organisation der Arbeit. Nur was verstanden ist, kann in dieser Form der Organisation auch ausgeführt werden. Die Bedingung der Organisation der Arbeit ist daher die Bewusstheit dessen, was zu tun ist.
Bei der Organisation, die das Unternehmen nach dem Bild des Organismus auffasst, ist das ganz anders. Die Unternehmensleitung wendet sich nicht mit Anweisungen an die Beschäftigten und sagt ihnen, was sie zu tun haben. Im Gegenteil können und sollen die Beschäftigten tun, was sie selbst - unter den gegebenen Bedingungen - für das Richtige halten, oder anders formuliert, was sie - unter den gegebenen Bedingungen - selbst wollen. Die Unternehmensleitung sagt nicht, was zu tun ist, sondern verändert die Bedingungen so, dass bei dem Tun der Beschäftigten "wie von selbst" herauskommt, was die Unternehmensleitung will. Das setzt voraus, dass die Beschäftigten diesen Zusammenhang nicht durchschauen. Es funktioniert überhaupt nur, wenn die Beschäftigten - jedenfalls in ihrer Mehrheit - nicht durchschauen, was da mit ihnen passiert.
(Es gibt auch eine zweite Weise, dieses Ziel zu erreichen, das mitunter Verwirrung stiftet: Gibt die Unternehmensleitung Anweisungen, die in der gesetzten Arbeitszeit nicht zu erfüllen ist - und das geschieht immer häufiger - so erfüllt das eben denselben Zweck. Die Beschäftigten müssen selbst entscheiden, was sie zu tun für richtig halten; denn sie können nicht alles tun, was angewiesen wird. Dann geht es nun noch um die Modifikation der Bedingungen, unter denen die Beschäftigten diese Entscheidungen treffen, welche der Anweisungen sie umsetzen. Und wieder funktioniert die "indirekte Steuerung", diesmal aber mit einer großen Zahl von Anweisungen. Es reicht daher nicht aus, auf Anweisungen zu verweisen, wenn man der Behauptung widersprechen will, dass die "indirekte Steuerung" sich ausbreitet. Denn dieses Argument trifft nur dann zu, wenn die Unternehmensleitung auch die Verantwortung dafür übernimmt, dass die Anweisung in der gegebenen Zeit erfüllt werden kann. Das ist - um sich vorsichtig auszudrücken - selten geworden.)
Die Bedingungen werden immer mal wieder einer Veränderung unterzogen. Die ständige "Restrukturierung" gehört zum Geschäft der "indirekten Steuerung". Solche Veränderungen der Bedingungen der Kooperation sollen die Wirkungen haben, die Beschäftigten dazu zu bringen, dass sie "wie von selbst" wollen, was die Unternehmensleitung will. Natürlich gibt es ergänzende Druckfaktoren von der Drohung mit der Reduktion der Investitionen bis zur Drohung mit Entlassung. Aber diese Drohungen sind eigentlich unproduktiv. Gewinnbringend ist es, wenn die Beschäftigten "wie von selbst" tun, was die Unternehmensleitung will, und das ohne zu wissen, wie und warum. Die Unbewusstheit der Anforderungen an die Beschäftigten, die sie gleichwohl dazu bringt, zu tun, was gewünscht ist, ist die Funktionsweise der neuen Form der Organisation der Arbeit.
Daher werden viele Beschäftigte mit Anforderungen konfrontiert, die unbewusst, ihnen unklar und unbestimmt bleiben, und über die sie oft gar nicht erst nicht informiert werden, sondern die sie selbst erfassen müssen, um sie bewusst machen zu können. Die Unbewusstheit des Reagierens schließt die Richtigkeit und Angemessenheit der Reaktion nicht aus. Aber sie schließt aus, dass die Beschäftigte und der Beschäftigte wissen, was sie tun und warum sie es tun. Diese Unbewusstheit ist die Hauptbedrohung, die zu Stress und Burnout führt.