Exkurs zu den Voraussetzungen des Selbstmanagements
Exkurs zu den Voraussetzungen des Selbstmanagements
In dem Text gerade eben habe ich den folgenden Satz geschrieben:
Wenn ich Burnout bekomme, erfahre ich an mir selbst einen Widerspruch zwischen meinen - als endlichen aufgefassten - Möglichkeiten, mich für einen - von der "Organisation" vorausgesetzten - Zweck einzusetzen, und den - im Prinzip unendlichen - Anforderungen von "Organisationen", speziell von gewinnorientierten Unternehmen.
Ich habe die eine Seite des Widerspruchs als "meine - als endlich aufgefassten - Möglichkeiten, mich für einen - von der Organisation vorausgesetzten - Zweck einzusetzen" bezeichnet. Die andere Seite des Widerspruchs habe ich als die "- im Prinzip unendlichen - Anforderungen von "Organisationen, speziell von gewinnorientierten Unternehmen" bezeichnet. Damit bin ich den Managementansätzen schon weiter entgegengekommen, als ich das eigentlich für richtig halte. Denn die Organisationen sind nichts anderes als das Zusammenwirken der Individuen unter bestimmten von ihnen zwar nicht geschaffenen, aber bearbeiteten Bedingungen. Im Grunde erscheint meine Tätigkeit im Unternehmen nur deswegen als begrenzt, weil ich sie nicht in der Kooperation betrachte, in der ich mich tatsächlich befinde. Denn die Organisation, in der ich arbeite, ist nichts anderes als das Zusammenwirken meiner Kolleginnen und Kollegen und mir. Nur wenn ich mich aus diesem Zusammenwirken herausabstrahiere und isoliere, dann erscheinen meine Kräfte als beschränkt.
Das ist aber nicht nur eine gedankliche Abstraktion, sondern ein wirklicher Sachverhalt, weil die Kooperation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht freiwillig ist, da sie nicht unter der Kontrolle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen stattfindet. Es ist daher ein wirklicher Sachverhalt, dass ich jemand bin - und mich so auffassen muss -, der gemessen an der Kraft der Kooperation begrenzte Möglichkeiten und Kräfte hat. Denn die Kooperation ist als das Zusammenwirken vieler, stärker als ich als Individuum, zumal in der Kooperation ein Teil meiner wirklichen Kraft steckt. Denn noch besteht das Problem nicht darin, dass meine Kraft beschränkt ist, die der Organisation aber unbeschränkt, sondern darin, dass die Organisation, die doch nur in der Kooperation der Individuen besteht, sich als eine Kraft unabhängig von den an ihr beteiligten Individuen geltend macht. Es ist die eigene Kraft der kooperierenden Individuen, die sie allerdings nicht kontrollieren, die ihnen als selbständige und ihnen als Vereinzelten überlegene Macht gegenüber tritt. Das ist das Schwierige, dieses Verhältnis zu verstehen, und um diese Schwierigkeit drückt sich herum, wer hier bloß ein Problem des Managements sieht.
Zu dieser Verselbständigung kommt es, weil ich als Mitarbeiter in einem organisatorischen Zusammenhang mitwirke, weil ich meine Arbeitskraft als Vereinzelter verkauft habe, wie alle anderen Mitarbeiter auch. Dadurch erscheint die Kooperation der Zusammenwirkenden als eine Leistung dessen, der meine und der anderen Arbeitskraft gekauft hat. Das Zusammenwirken erscheint als eine Eigenschaft des gewinnorientierten Unternehmens. Ich spreche deswegen von einer gewinnorientierten Kooperation der Beschäftigten untereinander. Diese "gewinnorientierte Kooperation" ist heutzutage das organisatorische Rückgrat des Unternehmens. Diese Form der Organisation des Arbeitens führt dazu, dass die wirklichen Kräfte des Individuums nicht als seine Kraft erscheinen, sondern als die Bedrohung der Übermacht des Unternehmens gegen seine Beschäftigten.